Resilienz ist strategisch plan- und messbar

04.03.2021
1/2021

Wie kann ein Unternehmen seine Resilienz gegenüber Krisen messen? Wie kann es sie verbessern, und welche Ansätze sind dafür verfügbar? Der Fraunhofer Resilience Evaluator (FReE) gibt Antwort auf diese Fragen.

 

Massive Auftragseinbrüche, Zulieferungsschwierigkeiten oder fehlende Mitarbeitende: Dies ist nur eine kleine Auswahl der Probleme, mit denen sich Unternehmen und Organisationen während der COVID-19-Pandemie konfrontiert sehen. Auf die enormen Herausforderungen einer solchen Krise waren die meisten Unternehmen und Organisationen kaum vorbereitet, sodass ein beträchtlicher Teil von ihnen nun mit ernsthaften organisatorischen, ökonomischen wie auch technischen Schwierigkeiten zu kämpfen hat – oder sogar vor dem existenziellen Aus steht.

Mit Resilienz gestärkt aus der Krise

Die Pandemie stellt die gesamte Wirtschaft auf eine harte Belastungsprobe und sorgt für grosse Unsicherheit angesichts möglicher zukünftiger Krisen, die in einer globalisierten Welt zu erwarten sind und die uns in weiterem Masse erschüttern können. Deswegen müssen nun Strategien und Lösungen gefunden werden, mit deren Hilfe sich Unternehmen und Organisationen besser gegen Krisen wappnen können. Mit anderen Worten: Strategien und Tools, mit denen sie ihre Resilienz erhöhen können.

Resilienz ist eine Schlüsselfähigkeit, um mit krisenhaften Erschütterungen erfolgreich umzugehen und die Funktion der Organisation weiterhin aufrechtzuerhalten. Resilienz grenzt sich dabei als umfassenderes Konzept ab vom klassischen Risikomanagement, bei dem es um vorbeugende Massnahmen gegenüber bekannten Risiken geht. Demgegenüber bezeichnet Resilienz die Eigenschaft einer Organisation, eines Unternehmens oder technischen Systems, massive Störungen und Schocks so zu überstehen, dass ihre jeweilige Grundfunktion erhalten werden kann und sie danach sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Die fünf Phasen der Resilienz

Der Resilienzzyklus ist in fünf Phasen strukturiert, die fliessend ineinander übergehen. In der Phase «Prepare» geschieht die Vorbereitung auf eine Krise. In der Phase «Prevent» gilt es, vorbeugende Massnahmen zu treffen. Ist die Krise eingetreten, geht es in der Phase «Protect» darum, sich maximal zu schützen. Dann gilt es, in der Phase «Respond» eine Antwort zu finden – drastische Konsequenzen abzudämpfen und kritische Versorgungsfunktionen aufrechtzuerhalten. Die Phase «Recover» ist die Erholungsphase, in der alle Dinge schnell wieder zum Laufen gebracht werden müssen und durch systematisches Lernen Lehren aus der Krise gezogen werden.

Der Fraunhofer Resilience Evaluator (FReE)

Um die Resilienz zu erhöhen, muss ich sie aber erfassen können. Deswegen hat mein Team am Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), ein Tool entwickelt, das die Resilienz von Unternehmen und Organisationen erfassbar und quantifizierbar macht.

«Resilience Engineering» ist am Fraunhofer EMI schon seit vielen Jahren Gegenstand der Forschung. Auf Basis der Ergebnisse eines europäischen Forschungsprojektes haben wir den Fraunhofer Resilience Evaluator (FReE) entwickelt, ein Online-Tool, das dabei unterstützt, die Resilienz von Unternehmen und Organisationen zu messen. Für Unternehmen wird sichtbar, an welchen Stellen sie ansetzen müssen, um die eigene Resilienz zu steigern oder aufzubauen.

Das «FReE-Tool» ist eines der wenigen praktischen Werkzeuge für Unternehmen und Organisationen, um die individuelle Resilienz einfach zu erfassen. Es basiert auf einem strukturierten Fragebogen, der in einem Beratungsgespräch gemeinsam mit einer Expertin oder einem Experten des Fraunhofer EMI bearbeitet wird. Auf Grundlage der ersten Input-Daten, die durch die Antworten generiert werden, kann festgestellt werden, wie resilient ein Unternehmen ist und welche Ressourcen dem Unternehmen oder der Organisation vor, während und nach einer Krise zu deren Überwindung zur Verfügung stehen. Mit dem Tool können Nutzerinnen und Nutzer für die verschiedenen Resilienzphasen Ziele festlegen und nachverfolgen.

Diese Gesamtbetrachtung und Bewertung aller die Resilienz beeinflussenden Faktoren, aufgeschlüsselt in die für die Resilienz signifikanten Phasen, sehe ich als eindeutige Stärke des FReE-Tools. Auf diese Weise ermöglicht das Tool Unternehmen und Organisationen, das Potenzial der Resilienz in Gänze auszuschöpfen.

 

Professor Alexander Stolz
Abteilungsleiter Sicherheitstechnologie und Baulicher Schutz
Ernst-Mach-Institut (EMI)