«Diese Technologie kommt auf leisen Sohlen daher»

02.12.2021
4/2021

IT-Kursveranstalter Marco Lardelli hat im Lockdown ein Kit für den spielerischen Zugang zum Thema künstliche Intelligenz erarbeitet.    

    

«Bei meinem KI-KIT handelt es sich um ein typisches Lockdown-Projekt: Meine Firma, die Kurse zu künstlicher Intelligenz (KI) und auch anderen Technologien für Manager anbietet, konnte dies Covid-19-bedingt nicht mehr durchführen. Vom einen auf den anderen Moment hatte ich also viel freie Zeit. Ein wichtiger Treiber war aber auch mein Hintergrund als Data Scientist.

    

Die junge Generation muss auf das Thema vorbereitet werden – und zwar schnell.

    

Die KI-Technologie entwickelt sich rasend schnell – es vergeht kein Tag, an dem nicht neue Fortschritte publiziert werden und neue Anwendungen entstehen. Es dämmert einem also, dass mit KI eine Technologie auf die Bühne tritt, die grosse Herausforderungen an uns sowohl im sozialen als auch im ökonomischen Bereich stellt.

Wenn man nun aber Personen auf KI anspricht, dann fragen sie, wozu man das brauche; dabei kommen sie täglich auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken damit in Berührung, merken es aber nicht. Das ist schon der Anfang des Problems: Sie wissen nicht, dass diese Technologie auf leisen Sohlen daherkommt und man aufpassen muss, dass man am Ende die Welt nicht mehr versteht.

Gerade die junge Generation muss auf das Thema vorbereitet werden – und zwar schnell. Dass bestimmte Dinge im Bildungswesen manchmal aber sehr lange dauern, sieht man ja leider immer wieder: Zwar haben wir mittlerweile Informatikunterricht in der Schweiz, aber Personal Computers gibt es seit etwa 1985. Bei KI dürfen wir es nun aber nicht versäumen, rechtzeitig einzusetzen. Also dachte ich, dass ich das jetzt einfach selbst mache.

Die Herausforderung bei diesen technischen Themen ist, dass bei einem Kurs auf diesem Gebiet die Lehrpersonen meistens nicht viel mehr wissen als die Schülerinnen und Schüler. Darum war es mir von Anfang an ein Anliegen, dass der Kurs selbsterklärend ist, wenig an Vorwissen vorausgesetzt wird und dass im Kursmaterial alles drinsteht, was man wissen muss. Der ganze Kurs besteht aus Büchern für Kinder, Jugendliche und Lehrpersonen sowie Spielen, die auf Webbrowsern laufen und verschiedene Konzepte visualisieren und interaktiv erlebbar machen. Ausserdem gehört ein Roboter mit einem Programmcode dazu, den man selbst zusammenbauen und programmieren kann.

    

Die Menschen fragen, wozu man KI brauche – dabei kommen sie heute schon täglich durch Soziale Medien damit in Kontakt.

    

Bei unserem KI-KIT werden viele verschiedene Robotersysteme unterstützt, es ist also für jeden etwas dabei: Wenn jemand Lego oder micro.bit hat, dann geht das. Mir war es aber auch wichtig, dass das Kit nicht nur beispielsweise mit diesem teuren Legosystem funktioniert, sondern dass es auch für Privatpersonen erschwinglich bleibt. Darum gibt es auch eine günstige Variante dieses Roboters für etwa 50 Franken.

Mittlerweile habe ich ein Sponsoring von einer Stiftung erhalten. Ausserdem sind wir neu in einer Partnerschaft mit dem Schweizer Hardwareproduzenten PGLU, der Roboter baut und auch vertreibt. Zwar ist das Projekt noch nicht lange online, aber ich hatte bereits Kontakt zu einigen Lehrpersonen, die es in irgendeiner Form im neuen Schuljahr in ihren Unterricht integrieren wollen. Der Kurs wird auf der Plattform fleissig heruntergeladen – ich bin also ziemlich zufrieden.

Mit Blick in die Zukunft wäre es toll, wenn das Thema KI in der Lehrerausbildung verankert werden würde, es also ein Standardmodul beispielsweise an einer Fachhochschule gäbe, wo man lernen würde, wie man Kinder in solchen Technologien unterrichtet. Diese Angst von Laien, sich mit technischen Themen auseinanderzusetzen, muss abgebaut werden, gerade auch bei einer Technologie, die sich wahrscheinlich in einem globalen Massstab durchsetzen wird.

Um beurteilen zu können, was über diese Technologien in der Zeitung geschrieben wird und welche Auswirkungen sie in Zukunft haben können, muss man die grundlegenden Konzepte kennen. Wenn es uns als Vermittler gelingen würde, dort einen Fuss in die Türe zu bekommen, wäre das ein grosser Erfolg.»

Aufgezeichnet von Jessica Schön